Von A bis Z – unser Glossar

ÖKOBILANZ

Soll ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine Verhaltensweise hinsichtlich sämtlicher Umweltauswirkungen bewertet werden, eignet sich die Ökobilanz.1 Hierbei handelt es sich um einen ganzheitlichen Ansatz, der den kompletten Lebensweg eines Produktes betrachtet. Eine Ökobilanz zu einem Produkt ermöglicht Abschätzungen zu seinen Umweltauswirkungen.2 Diese Methode ist international genormt, so legen die DIN EN ISO 14040 und DIN EN ISO 14044 unter anderem die Grundsätze zur Durchführung und Anforderungen von Ökobilanzen fest. Bei dem Vorgehen zur Durchführung einer Ökobilanz sollen laut ISO 14040 folgende Phasen berücksichtigt werden3:

  1. Festlegung des Ziels und Untersuchungsrahmens
  2. Sachbilanz: Unterteilung des Lebensweges eines Produktes in einzelne Inputs und Outputs
  3. Wirkungsabschätzung: Berechnung von Umweltwirkungen aus den Ergebnissen der Sachbilanz
  4. Auswertung der Ergebnisse aus der Sachbilanz und Wirkungsabschätzung und Evaluierung dieser in Bezug auf Ziel und Untersuchungsrahmen
Die Durchführung solch einer Ökobilanz ist grundlegend kosten- und zeitintensiv. Eine weitere Einschränkung kann eine unzureichende Datenverfügbarkeit darstellen. Abschließend müssen die Ergebnisse entsprechend interpretiert werden.1 In der Auswertung sollten die vielfachen Wirkungskategorien vollständig berücksichtigt werden. Fließen nur einzelne Wirkungskategorien in die Auswertung mit ein, stellt dies eine Vereinfachung dar und führt zu einer irreführenden und unvollständigen Darstellung der Ergebnisse. Hierzu ein Beispiel: Detzel et al. betrachteten im Rahmen einer Studie verschiedene Wirkungskategorien aus Ökobilanzen biobasierter Kunststoffe, die als Rohstoff für Lebensmittelverpackungen eingesetzt werden können: für die Kategorien Klimawandel und Fossiler Ressourcenverbrauch, teilweise auch in den Kategorien Sommersmog und Humantoxizität (Feinstaub) weisen alle von Detzel et al. gesichteten Ökobilanzen Vorteile für biobasierte Kunststoffe gegenüber fossilbasierten Kunststoffen auf. In den Kategorien Versauerung, aquatische und terrestrische Eutrophierung, Humantoxizität (Feinstaub), Naturraumbeanspruchung/Landnutzung, Wasserverbrauch und Ozonabbau weisen fast alle gesichteten Ökobilanzen Nachteile für biobasierte Kunststoffe auf.4 Würde man hiervon nur einzelne Wirkungskategorien auswerten bzw. veröffentlichen, würde dies eine unvollständige Darstellung der Ergebnisse bedeuten und würde in eine falsch positive oder falsch negativ ausgelegte Bewertung lenken.

Ein bekanntes Beispiel aus der Praxis war die Werbung des Unternehmens Danone im Jahr 2011 zum eingesetzten Activia-Joghurtbecher, bestehend aus dem Biokunststoff Polylactid (PLA). Hier wurden seitens Danone lediglich anlässlich umweltbezogener Werbeaussagen Teilergebnisse einzelner Wirkungskategorien einer Ökobilanz kommuniziert. Der PLA-Joghurtbecher wurde basierend auf diesen Ergebnissen hinsichtlich der Umweltfreundlichkeit beworben, was zu einer Klage wegen Verbrauchertäuschung führte.5

Nach dem Umweltbundesamt sind folgende Wirkungskategorien für eine Ökobilanz relevant und sollten berücksichtigt werden6:

  • „Einfluss auf das Klima,
  • Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen,
  • Beitrag zur Bildung von Ozon,
  • Beitrag zur Versauerung von Böden und Gewässern (Säurebildungspotenzial),
  • Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit,
  • Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen durch
  • Emissionen von Stoffen,
  • Veränderungen des Nährstoffgleichgewichts in Boden und Wasser (durch Überdüngung),
  • Flächenverbrauch,
  • Einfluss auf Biodiversität durch Flächennutzung“

Es existieren verschiedene Ökobilanz-Methoden, die unterschiedliche Umweltauswirkungen in ihren Berechnungen berücksichtigen. Eine tiefgehende Differenzierung der einzelnen Methoden findet sich u.a. in Fachliteratur zum Thema der Ökobilanzierung (vgl. u.a. Frischknecht, 20202).

Neben Ökobilanzen werden auch nicht international genormte Sammlungen von Kriterien oder Checklisten zur Bewertung von nachhaltigen Verpackungskonzepten veröffentlicht. Beispiele hierfür sind die Checkliste zu Verpackungsanforderungen des Bundes für Ökologische Lebensmittelwirtschaft e. V.7 oder das Modell der ECR Austria zur Nachhaltigkeitsbewertung von Verpackungen unter Berücksichtigung des Produktschutzes, der Zirkularität und Umwelt.8

Quelle:
1 Umweltbundesamt. (17. Oktober 2018). Ökobilanz/ Umweltbundesamt. Abgerufen am 8. Dezember 2022 von umweltbundesamt.de: https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/produkte/oekobilanz 
2Frischknecht, R. (2020). Lehrbuch der Ökobilanzierung. Berlin, Heidelberg: Springer Spektrum. doi: https://doi.org/10.1007/978-3-662-54763-2 
3 DIN EN ISO 14040:2006 + A1:2020 (2021): Umweltmanagement – Ökobilanz – Grundsätze und Rahmenbedingungen, Beuth-Verlag, Berlin, 2021, S. 7 f.)
4 Detzel, A., Bodrogi, F., Kauertz, B., Bick, C., Frank, W., Schmid, M., … Müller, K. (Juni 2018). Biobasierte Kunststoffe als Verpackung von Lebensmitteln- Endbericht. Heidelberg, Freising, Berlin. Abgerufen am 13. Dezember 2022 von https://www.ifeu.de/fileadmin/uploads/Endbericht-Bio-LVp_20180612.pdf 
5Deutsche Umwelthilfe e. V. (25. August 2011). Deutsche Umwelthilfe erhebt Klage gegen Danone wegen Verbrauchertäuschung- Deutsche Umwelthilfe e. V. Abgerufen am 13. Februar 2023 von www.duh.de: https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/deutsche-umwelthilfe-erhebt-klage-gegen-danone-wegen-verbrauchertaeuschung/ 
6Beier, W. (August 2009). Biologisch abbaubare Kunststoffe. (Umweltbundesamt, Hrsg.) Dessau-Roßlau. Abgerufen am 23. Januar 2023 von https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3834.pdf 
7 Gerber, A., Binder, C., Dylla, R., Seidel, K., & Weishaupt, R. (2011). Nachhaltige Verpackung von Bio-Lebensmitteln- Ein Leitfaden für Unternehmen. (B. Ö. e.V., Hrsg.) Berlin. Abgerufen am 8. Dezember 2022 von https://www.boelw.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Verpackungsleitfaden/B%C3%96LW_verpackungsleitfaden.pdf 
8ECR Austria. (Oktober 2020). Neu: ECR Empfehlung Nachhaltigkeits-Bewertung von Verpackungen. Abgerufen am 5. Februar 2023 von NEU: ECR EMPFEHLUNG NACHHALTIGKEITS-BEWERTUNG VON VERPACKUNGEN: https://ecr-austria.at/2020/10/30/nachhaltigkeitsbewertung/